Nachdem Tschopp am letzten Weltcup-Turnier (European Open in Lissabon) von einem Sprunghebel ihrer ersten Gegnerin, einer Russin, völlig überrascht wurde und bereits nach kurzer Kampfzeit ausgeschieden war, gelang ihr am Wochenende in Paris der endgültige Durchbruch an die Weltspitze. Der Grand Slam von Paris ist neben dem Grand Slam von Toyko das prestigeträchtigste und bestbesetzte Turnier der World-Tour. Tschopp kämpfte stark und zeigte einen beeindruckenden Durchmarsch in den ersten Grand Slam Final ihrer Karriere. Nur die Judo-Überfliegerin, Majlinda Kelmendi aus dem Kosovo, die vor dem Pariser Grand Slam die Welt-Nr 4 war (sie hat verletzungsbedingt fast ein Jahr lang keine Turniere bestritten), konnte den Sturmlauf der Schweizer Kämpferin schliesslich stoppen. Die 24-jährige Baselbieterin besiegte dabei nicht weniger als 4 Top-20-Athletinnen der Weltrangliste, darunter die aktuelle Nummer 1 mit einem Ippon (höchste Wertung, also vorzeitiges Kampfende durch einen Vollpunkt)!
Tschopp startete mit einem Wazaari –Sieg gegen die Nummer 16 der Weltrangliste, die Finnin Jaana Sundberg. Diese bekam 2 Shido (Strafen) und musste deshalb vermehrt angreifen. Tschopp konterte sie mit einem Hüftwurf und gewann. Bereits in der zweiten Runde traf sie auf die Beste der Weltrangliste, die zweifache und amtierende Vize-Weltmeisterin und Europameisterin (European Games Baku 2015) Andreea Chitu aus Rumänien. Nach 45 Sekunden (!) Kampfzeit fegte die Schweizerin ihre Gegnerin mit einem ähnlichen Hüftwurf von der Matte. In der dritten Runde musste Tschopp gegen die Mongolin Bundmaa Munkhbaatar (Nr. 15) antreten. Die Asiatin griff nach einem nicht gelungenen Angriff an die Beine der Muttenzerin, was seit einigen Jahren verboten ist und mit einer Disqualifikation der mongolischen Kämpferin bestraft wurde. Durch diesen Ippon hatte Tschopp den Poolsieg und damit das Halbfinale erreicht.
Der Halbfinalkampf gegen die klein gewachsene Kosovarin Distria Krasniqi (Nr 17) war recht ausgeglichen und vom Griffkampf geprägt. Evelyne Tschopp konnte relativ früh mit einem Fusswurf eine kleine Wertung erzielen und in Führung gehen. Mit einem erneuten Fusswurf gelang ihr nach etwas mehr als der halben Kampfzeit der entscheidende Ipponpunkt und sie schaffte damit ihren ersten Einzug in ein Grand Slam-Finale.
Mit einer Medaille auf sicher ging Tschopp den Finalkampf vor einer beeindruckenden Kulisse von 8000 Zuschauern sehr konzentriert an. Sie versuchte im Griffkampf den Schraubstock-Griff der Kosovarin im Nacken immer wieder zu lösen und wurde dadurch in die Defensive gedrängt. Kelmendi erwies sich in diesem Fight als physisch stärker, erwischte die Muttenzerin mit einem Fusswurf Ippon und holte sich damit den Turniersieg.
Für die Schweiz ist das erst die zweite Medaille am Grand Slam in Paris nach der Goldmedaille von Lena Göldi 2007. Mit dieser überzeugend erkämpften Silbermedaille konnte Tschopp einen grossen Schritt vorwärts Richtung Olympische Spiele in Rio 2016 machen, denn an den Grand Slams sind neben der WM am meisten Punkte zu holen. Mit ihrer Silbermedaille dürfte sie von ihrem bisherigen Rang 51 um rund 20 Ränge nach oben rutschen! Das Ziel ist ein Rang unter den ersten 14 der Weltrangliste bis im Mai 2016. Das würde für Tschopp die direkte Qualifikation für Rio bedeuten. Ihr Selbstvertrauen bekommt im richtigen Moment die nötige Stärkung, um an den bis zum Jahresende anstehenden Top-Turnieren, den Grand Slams in Abu Dhabi und Tokyo, dem Grand Prix in China (Quingdao) und dem Weltcup in Australien (Oceanian Open in Wollongong) weitere wichtige Punkte zu sammeln. Evelyne Tschopp ist auf Kurs!
Brigitta Pflugshaupt, Pressedienst JJJC Pratteln